Ich fragte mich 'wovor habe ich am meisten Angst?' und erkannte: Da wo die Angst ist, ist die grösste Freiheit.
Da wo die Angst war, wartete die grösste Freiheit. ©Tanyawolf.ch
Eine persönliche Geschichte über Mut.
Von klein auf werden wir darauf konditioniert: Innerhalb der Linien malen. Handheben vor dem Sprechen. Genehmigung einholen, bevor wir handeln. Wir fragen um Erlaubnis – in der Schule, bei der Arbeit, im Leben. Dabei brauchen wir für die meisten Dinge im Leben keine Erlaubnis. Nur Mut.
Mut hat mich hierher gebracht
Es hat mich viel Mut gekostet, mich aus einer toxischen Beziehung zu lösen und nach weniger als einem Jahr Ehe die Scheidung einzureichen. Es kostete mich Mut, ein Leben in einer neuen Stadt von null aufzubauen. Mut brachte mich dazu, mich bei Google zu bewerben, obwohl die Chancen minimal waren. Mut war da, als ich mich gegen Diskriminierung wehren musste. Und mit Mut habe ich mich erneut für die Liebe und die Ehe entschieden. Rückblickend waren diese mutigen Entscheide die besten in meinem Leben.
Das Leben besteht aus wahrgenommenen und verpassten Möglichkeiten.
Die grösste Mutprobe: Der Sprung ins Ungewisse
Dann kam der Moment der Wahrheit: Ich war ausgebrannt, die Kinder hatten Schwierigkeiten, sich im Schulsystem und im Hort zurechtzufinden, unser Betreuungssystem brach in sich zusammen und uns wurde die Wohnung gekündigt, weil sich diese ohne Mieter besser verkaufen liess.
Ich kann mich noch heute daran erinnern, wie ich mit meinem Partner in unserem Wohnzimmer auf dem Boden sass und ratlos zum Fenster hinaus blickte. Aufgeben war keine Option. Also mussten neue Lösungen her.
Gemeinsam machten wir die 'Crazy 8' – wir brainstormten Ideen, wie es mit unserem Leben weitergehen könnte. Als jeder seine Ideen niedergeschrieben hatte, hielten wir inne. Mein Partner sagte: "Kreise mal ein, wovor du am meisten Angst hast."
Ich kreiste folgendes ein: 'Ausbrechen, alles verkaufen, auf Reisen gehen und herausfinden, welches Leben ich sonst noch leben könnte'.
Und das taten wir.
Wir verkauften den Grossteil unseres Mobiliars. Wir verliessen unsere gut bezahlten Jobs, um uns ins Ungewisse zu begeben. Ohne Garantien. Ohne Sicherheitsnetz.
Wir meldeten uns ab, damit wir unsere Kinder nicht mehr in die Schule schicken mussten und so die Verpflichtungen eines braven Bürgers umgehen konnten. Und wir bestiegen das Flugzeug, ohne genau zu wissen, ob und wann wir zurückkehren würden.
Das trotz all des Widerstandes um uns herum. Überall waren diese Gummibänder, die mir sagten, dass ich das nicht tun darf und kann. Dass ich Verpflichtungen habe. Dass ich Rechnungen bezahlen muss.
Die wertvollste Lektion
Was ich mit meiner Familie in diesem Jahr erlebte, lernt man in keinem Klassenzimmer. Wir waren jeden Tag in der Natur, wir beobachteten Tiere in freier Wildbahn. Stundenlang spielen unsere Kinder mit dem, was die Erde hergibt: Steine, Holz, Sand, Blätter, Muscheln. Wir wuchsen als Familie zusammen.
Unsere Kinder lernten, mit Offenheit auf fremde Kinder zuzugehen – auch ohne gemeinsame Sprache, nur mit einem Lächeln. Ihr Selbstvertrauen wuchs täglich. Ihre Neugier blühte auf.
Das war der Moment, in dem ich verstand: Manchmal ist das "Falsche" das Richtige.
Und ich spürte die befreiende Kraft, nicht mehr ins System passen zu müssen. Das war der Moment, in dem ich mich für das bewusste Leben entschieden habe.
Das bewusste Leben
Es geht nicht um dramatische Ausbrüche oder darum, alles hinzuschmeissen. Es geht um bewusste Entscheidungen. Darum, was Erfolg einem selbst bedeutet, nicht das, was von aussen vorgegeben wird.
Der vorgegebene Weg fühlt sich sicher an, weil wir ihn seit Kindertagen kennen. Familie und Freunde verstehen ihn. Die Gesellschaft belohnt Konformität. Aber Sicherheit ist oft nur eine Illusion.
Unser Gehirn hasst Anstrengung. Es arbeitet mit minimalen Ressourcen, macht alles Neue zu einer gefühlten Bedrohung. Zudem ist es nicht an Wachstum interessiert – nur an der Verwaltung alter Erfahrungen.
Die Wahrheit über Angst und Freiheit
Mut ist keine Abwesenheit von Angst. Mut ist, trotz der Angst zu handeln. Da wo die Angst ist, wartet die grösste Freiheit.
Es braucht Mut, seinen eigenen Weg zu gehen. Mut, sich selbst zu sein – mit allem, was dazu gehört. Den Brüchen, den Narben, den Träumen.
Meine Komfortzone verlasse ich jeden Tag. Indem ich genau das tue, was du hier liest. Mich zeigen, mich exponieren, mich gedanklich und schriftlich nackt ausziehen – aus Begeisterung und Überzeugung. Ohne zu wissen, was passiert. Mit dem Vertrauen, den Mut in anderen zu entfachen und sie für ihren eigenen Weg begeistern zu können.
Mut ist eine tägliche Entscheidung. Eine Praxis. Ein Lebensstil.
Mut hat mich hierher gebracht – Mut wird mich weitertragen.
Die Frage ist nicht, ob du mutig genug bist. Die Frage ist: Wann stellst du dich deinen Ängsten?
🔄 Wenn du diesen Text bis hierher gerne gelesen hast, wäre das schönste Kompliment für mich, wenn du ihn mit jemandem teilen würdest. 🙏
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